Sonntag, 10. Januar 2010

Lebenszeichen

Nach langer "Winter"pause melde ich mich zurueck!
Von einem WinterSCHLAF kann nach diesem aufregendem, erlebnissreichen Dezember jedoch nicht die Rede sein, denn sehr viel ist geschehen.

Los ging es gleich am ersten Dezember in den...

Amazonas


Liebe LeserInnen,
bei einem schoenen Telephonat mit meinen Eltern, die mich fuer sagenhafte 5 Cent pro Minute aus Deutschland hier auf mein Kolumbianisches Handy (!) anrufen konnten wurde mir klar, dass es auch mal wieder an der Zeit waere meinen Blog zu aktualisieren. Es folgt der Artikel ueber meine/unsere Reise in das kolumbianische Amazonasgebiet sowie die benachbarten Laender Brasilien und Peru. Viel Freude beim Lesen!

AMAZONAS

Die 5 Taegige Reise wurde von AFS/Colombia organisiert und angeboten und fast alle der Freiwilligen, die in diesem Jahr in Kolumbien arbeiten sowie Austauschschueler aus Deutschland fuhren mit. Es sollten 5 spannende Tage Abenteuerurlaub im Amazonasregenwald auf uns zukommen am suedoestlichsten Zipfel Kolumbiens direkt am Rio Amazonas.


Von Bogota aus ging es mit dem Flieger nach Leticia. Den sagenhaften Landeanflug ueber dem endlosen gruenen Urwaldmeer kann man sich bei youtube
unter folgendem Link anschauen:




Am Flughafen angekommen traf uns erst einmal ein Hitzeschwall, dem wohl noch am besten wir Girardotenhos (Tomke und Ich, die wir auch sonst in der Mittagssonne (und im Schatten) mit 40 Grad Celsius und mehr zu kaempfen haben) gewapnet waren. Die enorm hohe Luftfeuchtigkeit machte jedoch uns allen zu schaffen, dennoch waren wir gut gelaunt und freuten uns auf einen Urlaub, besser gesagt eine Erlebnisstour an diesem exotischen Ort, den selbst viele Kolumbianer nicht bereist haben.


Kaum angekommen in Leticia wurden wir gleich zum sehr ueberschaubaren Hafen dieser Hauptstadt des Departements "Amazonas" gefahren und dort samt Gepaeck "verschifft".




Mit einem Schnellboot, welches uns waehrend der gesamten 5 Tage wie ein Reisebus diente ging es ueber einen Seitenarm des Rio Amazonas direkt auf den grossen Fluss.


Unsere Transportgesellschaft.



Das gesamte Ausmass/die Breite dieses riesigen Flusses kann man gar nicht einsehen, da es sich in den meisten Faellen um eine riesige langgezogene Flussinsel handelt, was man fuer das gegenueberliegende Ufer haelt.


Abendstimmung am Rio Amazonas:



Die 5 Tage verbrachten wir mit den unterschiedlichsten Aktivitaeten und uebernachteten an 3 verschiedene Orten. Als Transportmittel diente stets das Boot. Die Fotos liegen mir hier nicht in der Reihenfolge vor, wie sie geschossen wurden, vondaher loese ich mich bei der Berichterstattung von der Chronologie und beschreibe einfach die einzelnen Aktivitaeten.


Den Hoehepunkt unserer Reise stellte wohl der Besuch eines Nationalparks dar. Es begann mit einer Wanderung durch einen sehr feuchten Teil des Urwaldes bei dem wir alle dankbar fuer unsere Gummistifel waren. Jedes Mal wenn der Fluss ansteigt findet ein Austausch zwischen der Tier-und Wasserwelt des Landes und der des Wassers statt. Das feucht-heisse Klima, die Vielfalt der Pflanzen, die Geraeuschkulisse vieler unbekannter Tiere, meist Vogelarten, das Geschrei von Affen in der Ferne und der fremde Geruch machten diese und andere Maersche durch den Regenwald jedes Mal zu einer abenteuerlichen und aufregenden neuen Erfahrung.




Nach einer guten Stunde waren wir am Ziel und es tat sich uns ein sagenhafter Ort auf, wie ich ihn nicht in Worten beschreiben vermag. Aus der Dunkelheit des feuchten, dichten Waldes kamen wir an eine Lichtung mit hohen Palmen und einigen Holzbauten. Die Sonne strahlte uns ins Gesicht. Vom Schweiss durchnaesst und durch den Marsch erschoepft naeherten wir uns unserer Unterkunft am wohl exotischsten Ort, den ich je gesehen habe. Papageien begruessten uns. Es war wie ein Traum.

Und die absolute Kroenung des ganzen war die grosse Holzterasse, idylisch gelegen an einem See mitten im Urwald. Liegestuehle und Haengematten baten Gelegenheit sich niederzulassen, zu entspannen und diesen friedlichen Ort und seine Ruhe zu geniessen.






An diesem Ort der Ruhe und Abgeschiedenheit kam mir die Atmosphaere sehr nahe der eines "Lokus Amoenus", wie wir ihn damals im Lateinunterricht beschreiben und zeichnen sollten.








Unsere Zeit konnten wir in den folgenden Stunden weitgehend selber gestalten.Viele nutzten die Gelegenheit um mit einfachen Angelruten auf Piranha-Jagd zu gehen. In dieser nahezu unberuehrten Natur sind die Fische noch sehr "vertrauensselig", sodass man mit einem einfach Stock, etwas Nylon, einem Haken und Kuechenresten schon erfolgreich sein kann. So auch Florian, der uns am naechsten Morgen ein Prachtexemplar von Piranha in den Einbaum holte. Zaehneknirschen hat der Fisch noch versucht den Haken durchzubeissen, gottseidank ohne Erfolg, denn auf einen wuetenden Piranha in diesen Nussschalen verzichte ich gerne. Diese Tiere mit ihrer starken Kiefermuskulatur haben, wie wir am erlegten Fang feststellen konnten, viele kleine, jedoch messerscharfe Zaehne.
Wir wurden aber beruhigt, dass uns nichts passieren wuerde im See zu schwimmen, da die Piranhas lediglich auf Blut reagieren und einen Menschen deshalb angreifen koennten. Trotzdem blieb das mulmige Gefuehl seine Hand ueber den Kanurand ins truebe Wasser zu halten.


Jetzt war ich schon beim naechsten Morgen, ohne von der Nacht erzaehlt zu haben. Diese bot uns naemlich noch einen weiteren Hoehepunkt: Die naechtliche Suche nach Kaimanen. Der See ist bekannt dafuer, dass in den fruehen Abendstunden diese fuer Suedamerika bekannte Krokodilart zu ihrer Futtersuche aus ihren Verstecken kommt. Wir machten uns also mit den Einbaeumen und jeweils einem Fuehrer mit einer Lampe am Bug auf um geraeuschlos in voelliger Dunkelheit das Ufer abzufahren. Der Fueher leuchtete die Wasserkante ab. Die Idee war es, beim Erblicken eines Tieres sich zu naehern und wenn es moeglich ist (bei kleinen Tieren), den Kaimanen an Bord zu holen. Alle waren mucksmaeuschenstill und suchten am Ufer nach rot-gelb leuchtenden Punkten. So wuerden naemlich die Augen das Taschenlampenlicht reflektieren, wurde uns gesagt. Es herrschte Spannung in der Luft, keiner wusste was uns erwartete. Niemand wagte laut zu atmen. Dann sahen wir sie in der Ferne, zwei gluehend-rote leuchtende Augen. Wir naeherten uns, doch die Augen verschwanden wieder. So geschah es noch ein paar Male. Zunaechst etwas enttauscht, aber irgendwo auch erleichtert und froh kehrten wir zum Anlegesteg zurueck. Was wir grade erlebt haben war allemal einmalig und unvergesslich. Niemals war die gesamte Gruppe zu ruhig gewesen. Auch wenn wir "lediglich" aus der Ferne die Augen eines Kaimans entdeckt haben, viel beeindruckender war es, mitten in der Nacht die Atmosphaere des Urwaldes zu spueren. Die maechtige Geraeuschkulisse der Tiere, die einen fuehlen liess, dass man sich in IHRER Welt befindet.
Die restliche Nacht verbrachten wir dann auf der "sicheren" Holzterasse bevor wir uns dann in die Haengematten unter freiem Himmel (MIT Mueckennetz - die Tierwelt ist maechtig und unerbittlich) mit den vielen neuen Eindruecken und Erlebnissen schlafen legten.



An einem anderen Tag fuhren wir mit dem Boot einen Seitenarm des Rio hinauf und gelangten an eine Art See. Was uns hier erwarten sollte waren die beruehmten ROSA FLUSSDELPHINE.
Wir mussten uns nur ein Weilchen gedulden bis sie zum Vorschein kamen. Unser Boot umkreisend tauchte ab und zu mal einer auf und zeigte uns seinen rosafarbenen Ruecken. Der Koerper des rosafarbenen Suesswasserdelphins ist jedoch anders gebaut, sodass sie im Vergleich zu den grauen Delphinen nicht weit aus dem Wasser hinauskommen geschweige denn springen koennten. Die Farbe ist auch kein grelles Schweinchenrosa, sondern ein recht truebes, graues Rosa. Es war dennoch ein klasse Erlebniss. Fotos gibt es keine, die kann man aber auch leicht im Internet finden.
Als wir uns dann genug hatten von den rosa Delphinen gingen wir weisse Europaer dann selber schwimmen. Gemeinsam mit den Piranhas und Zitteraalen. Fuer viele kolumbianer gewiss ebenfalls eine Attraktion;)




Eine weiteres Erlebniss war der Besuch einer indigenen Gemeinde, die Kunsthandwerk betreibt. Im folgenden Bild wurde uns vorgefuehrt wie man aus der Rinde eines Baumes eine Art Papier fertigen kann, welches im Anschluss mit selbst hergestellter Naturfarbe bemalt wird. Dann waren wir selbst an der Reihe.


Es folgte ein kleiner Schnellsprachkurs der indigenen Sprache und eine Tanzvorfuehrung in dessen Anschluss die fuer den Tanz kostuemierte Frau auf dem folgenden Bild Spenden sammelt.


Auch lernten wir die Hausschlange kennen, eine Boa Constrictor:


Des Weiteren wurde uns (nicht alles an dem selben Tag und in der selben indigenen Gemeinde) gezeigt, wie man die typischen Armbaender herstellt. Im Anschluss hatten wir noch die Moeglichkeit uns auf dem Kunsthanderksmarkt umzusehen und Andenken/Geschenke/etc. zu kaufen. Feinste Holzfiguren, Schmuck, Blasrohre, Musikinstrumente, Pfeifen, etc. zu Preisen, die man sich in Deutschland/Europa fuer derartig exotische, handgemachte Kunsthanderksware dirkekt aus dem Amazonas nur ertraeumen kann. Durch unseren Kauf DIREKT vor Ort (auch nicht beispielsweise in Leticia, wo schon wieder ein Zwischen- oder Grosshaendler im Spiel ist) unterstuetzten wir somit auch die Gemeinde direkt, welche von dem Verkauf lebt.

Zu guter Letzt lernten wir noch das Blasrohr- und Bogenschiessen von einem Bewohner der Gemeinde. Als Dank und zum Abschied uebergab unser Reisefuehrer einige Spiele, Buntstifte und Hefte fuer die oertliche Schule. Die Geschenke wurden mit Begeisterung angenommen wie die sofortige, tumultartige Ansammlung der Dorfkinder auf dem folgenden Foto zeigt.



Der Eindruck, den die Gemeinden hinterliessen, ist ein sehr aermlicher jedoch ausgesprochen friedlicher. Auch wenn noch an alten Ritualen uind Braeuchen festgehalten wird, ist dennoch bemerkbar, dass auch hier eine "Verwestlichung" stattfindet und viele Kulturgueter nur noch zum touristischen Zwecke gebraucht werden.


Der vom Programm her wohl vollste Tag mit der meisten Aktivitaet begann mit einem "Besuch" der Affen. Mit einer kleinen Gruppe kamen wir in einem Waldstueck an, dass verschiedene Affen bewohnten. Einer von ihnen wartete schon auf uns und fuehrte ging vorran durch den Urwald um uns zu ihrem Platz zu fuehren.


Die Affen sind freilebend, jedoch in einer Art Rehabilitation. Die meisten Tiere kommen naemlich aus Familien in denen sie als Haustiere schlecht behandelt bis misshandelt wurden und von einer Tierschutzorganisation hierhergebracht wurden. Die Mitarbeiter dieses Nationalparkes haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Affen "aufzunehmen" und psychisch zu heilen. Aus diesem Grunde wirkten viele der Affen sehr aengstlich und etwas gestoert, waren jedoch groesstenteils an Menschen gewoehnt. So konnten sie sich auch an uns schnell gewoehnen, waren an allem interessiert, was wir bei uns hatten und wurden schnell anhaenglich...



Ein fast schon unwirkliches Erlebniss, aber wirklich interessant, ausgesprochen lustig und unterhaltsam:)


Den zweiten Teil des Tages ging es dann hoch hinaus!


Zu den hoechsten Baeumen des Regenwaldes (in diesem Teil) gehoert der "Seiva", der eine Hoehe bis zu 50 Metern erreicht. Auf dem folgenden Bild sieht man Den Stamm und Teile der ueberirdischen Wurzelmassen.


Gut ausgereustet war fuer uns dann Klettern auf dem Programm! Zwei "Seivas" wurden zu einer Art Klettergarten umfunktioniert. 35 Metern ging es an zwei Seilen hoch in die Krone eines solchen Riesen.
Wie die Affen...






(Eric und Lars)



Oben angekommen bat sich uns eine unglaublicha Aussicht ueber den Wipfeln der meisten anderen Baeume auf das sattgruene Urwaldmeer.








Ueber die Leiter haette man ebenfalls den Baum erklimmen koennen.


Gut gesichert (wie die Hunde an der Leine) haben wir es geschafft. Dann ging es ueber eine Haengebruecke zu einem weiteren Baum dieser Art unnd Groesse von dem wir uns dann abseilen konnten.





Die verschiedensten Aktivitaeten und Erlebnisse, die wir in diesen Tagen im Urwald machen konnten haben jeden einzelnen von uns beeindruckt. Stets wurde von der Reiseleitung Ruecksicht auf die Natur genommen indem wir im Urwald nur in Kleingruppen unterwegs waren und uns vieles ueber den Wald und seine reichhaltige aber durch den Menschen bedrohte Tier und Pflanzenwelt erzaehlt und gelehrt wurde. Kommentare wie: "Nicht lange hier stehen bleiben, da oben im Baum schlaeft ein "tigrillo" lateinamerikan. Ozelot/Leopard" oder die Umsichtige Begegnung mit Giftschlangen waren dann eher zu UNSERER Sicherheit;)


Wie schon gesagt, viele Kolumbianer haben persoenlich den Amazonas nie besucht zum einen, da die Reise (nur moeglich mit Flugzeug/Boot) sehr aufwaendig und teuer ist, zum anderen aber auch, weil die Interesse fuer dieses "Abenteuer" mit Schlangen, Spinnen, Moskitos, Kaimanen, Leoparden, etc nicht unbedingt jedermanns Sache ist.
Fuer mich gab es bisher kein Eerlebniss, dass spannender, interessanter und ausgefallener war als diese Reise. Natur wie noch nie mitten in der "Lunge des Planeten Erde"!



Den letzten Tag/Nacht vor unserem Rueckflug verbrachten wir in dem friedlichen (Haupt)Staedtchen Leticia. Wir machten einen kleinen Ausflug nach Tabatinga, die Nachbarstadt von Leticia die schon zu Brasilien gehoert. Den Grenzuebergang bemerkt man nur an einem Denkmal sowie einem froehlichen Willkommensbanner. Grenzkontrollen gibt es keine, denn sowohl aus Leticia als auch aus Tabatinga kommt man nur mit dem Boot oder per Flugzeug weg, wo es dann genug Kontrollen gibt. (Unter anderem wurden wir bei der Einreise gefilmt...)


Der Rio Amazonas, Brasilien



Abreise





Adios, pulmon del mundo.


Das wars, vielen Dank fuers Lesen.
Fragen zu dem Erlebten oder zum Amazonas beanworte ich IMMER gerne!! :)